Ein zeitloses Stück mit historischem Hintergrund
Vor 80 Jahren war es gedacht als mehr oder weniger versteckte Kritik an Adolf Hitler, aber auch an dem russischen Diktator Josef Stalin. So blieb es denn zunächst auch bei einer einzigen Aufführung in Russland im Jahr 1944. Der Autor starb 1958 und erlebte so nicht mehr die "offizielle" Uraufführung seines Stückes in Polen 1961.
Ein gekürztes Schauspiel mit musikalischen Akzenten
Projektleiter und Regisseur David Penndorf bringt nun eine auf 100 Minuten gekürzte Fassung auf die Bühne. Musikalisch setzt Nika Zh zum Beispiel mit Vivaldi-Anklängen gekonnt Akzente. Die Schauspielerinnen und Schauspieler, allesamt Amateure, spielten sich begeistert durch das Gestänge auf der Ladefläche eines Lkw, der gleichzeitig Transportmittel und Bühne war.
Ein Kampf gegen das Machtsystem
Aber zum Stück: in einer friedlichen Kleinstadt leben Bürgerinnen und Bürger ihr Leben. Dass sie nach den Spielregeln eines dreiköpfigen Drachen - gespielt von Julia Kerrin Wiemer, Maria Odoevskaja und Katrin Melissa Schuh - leben müssen, der jedes Jahr eine Jungfrau, in diesem Jahr das Mädchen Elsa (Adelina Nazarenus) als Opfer fordert, haben sie akzeptiert. Man hat sich unter diesen Bedingungen eingerichtet, bis durch den jungen und ungestümen Lanzelot (Annelie Seibold) dieses geregelte Leben gestört wird.
Er kommt neu in den Ort und führt den Menschen das bestehende Machtsystem vor Augen. Er möchte, dass sie ihr Schweigen brechen, das Ungute beim Namen nennen und sich aus dieser Situation befreien.
Ein Machtwechsel mit Konsequenzen
Schließlich fordert er den Drachen zum Kampf auf, gegen den Willen der Bevölkerung (Annelie Bügling, Sandra Marras, Thorsten Keller und Arne Schmeling), insbesondere aber der Bürgermeisterin (Laura Kölsch) und dem ihr hörigen Sohn Heinrich (Yasmin Allaoui). Dieser Kampf findet statt, weitestgehend unsichtbar für die Zuschauerinnen und Zuschauer, und nach und nach kommt ein Drachenkopf nach dem anderen um.
Das Irrsinnige: statt die persönliche Freiheit nun zu gestalten, unterwerfen die Menschen sich dem Regiment der Bürgermeisterin, die das entstandene Machtvakuum sofort geschickt ausfüllt und ihr "passende" Menschen zur eigenen Machterhaltung an die entsprechenden Stellen setzt.
Eine Botschaft für kritische Betrachtung und Freiheit
Was lernen die Bewohnerinnen und Bewohner des Städtchens, was lernen wir aus dem Stück. "Der Drache" kann als Appell verstanden werden, die Lebensumstände immer mal wieder kritisch zu betrachten. Das Stück zeigt aber auch, dass Freiheit gelebt, gestaltet und verteidigt werden will, und dass es Kraft kostet, wenn man gegen "die Mächtigen" angeht - Beispiele gibt es weltweit zuhauf, im Großen wie im Kleinen.
Nach dem in verschiedene Richtungen interpretierbaren Abschluss-Satz Lanzelots "Am Ende wird alles gut" brauchte das Publikum mehr als einen Moment, bis der wohlverdiente Applaus einsetzte.
Theater für alle Altersgruppen
Theater, mitten im Leben, offen für alle, mit Zuschauerinnen und Zuschauern von drei Jahren bis "Achtzig plus": ein besonderer Moment.
Bilder: Ralf Triesch/Stadt Haiger
Web: www. haiger. de
Die Stadt Haiger im Social Web:
Munipolis