„Unfallschutz am Arbeitsplatz, Krankenversicherung für alle, Arbeitslosengeld bei Jobverlust oder Rente im Alter: Diese Leistungen des Sozialstaats sind für uns selbstverständlich. Vor rund 150 Jahren war das anders. Damals gab es noch keine Absicherung bei Unfällen, Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter. In diesen Fällen konnte Unterstützung nur durch die Familie erfolgen. Häufig bedeutete dies trotzdem Armut und existenzielle Not. Im Gegensatz dazu werden heute die größten Lebensrisiken durch unseren Sozialstaat abgesichert“, erklärt Hermann Twittenhoff, der Leiter der Gesamtschule Wulfen, und betont die enorme Bedeutung des modernen Sozialstaats für die Gesellschaft.
Um das Bewusstsein der Schüler für diese komplexen Themen zu schärfen, luden die Klassenlehrer der 10.6, Markus Zöllner und Indra Jakschik, Experten von der Stadt Dorsten ein. Sandra Arnold Backhaus (Abteilungsleiterin Markt und Integration, stellvertretende Amtsleiterin) sowie Jürgen Backhaus (Abteilungsleiter des Leistungsbereichs) wurden eingeladen, um den Schülern lehrreiche Einblicke zu gewähren.
Markus Zöllner erläuterte den Schülern: „Der Sozialstaat wird durch Beiträge zu den Sozialversicherungssystemen und Steuern finanziert. Dadurch wird ein Ausgleich zwischen Jung und Alt oder zwischen gesunden und kranken Menschen möglich. Diesen Ausgleich sozial gerecht zu gestalten und die soziale Absicherung zu gewährleisten, sind die wichtigsten Ziele des Sozialstaats und damit auch ein wichtiges Thema im Gesellschaftslehre-Unterricht.“ Im Rahmen des Unterrichts geht es nicht nur um die Vermittlung von Fakten, sondern auch um die Förderung kritischer Denkfähigkeiten der Schüler. „Unsere Intentionen waren der Faktencheck, Präventivmaßnahmen gegen die Unwahrheiten in den sozialen Medien und gegen Stammtischparolen“, fügt Indra Jakschik hinzu. Dies zeigt, dass die Lehrkräfte nicht nur Wissen vermitteln möchten, sondern auch gesellschaftliche Probleme ansprechen und ein kritisches Bewusstsein fördern wollen.
Während des Expertenunterrichts erzählten die Fachleute den interessierten Schülern über die verschiedenen Unterstützungsleistungen, die der Sozialstaat bietet. Besonders betont wurde, dass der Sozialstaat notleidenden und erwerbsfähigen Personen unter die Arme greift, die von Arbeitsausfall betroffen sind oder arbeitslos werden. Das Recht der Arbeitsförderung umfasst nicht nur das Arbeitslosengeld, sondern auch das Kurzarbeitergeld und viele andere wichtige Leistungen zur Integration in den Arbeitsmarkt. Diese komplexe Leistungsvielfalt stand im Zentrum des Unterrichts, um ein umfassendes Verständnis für die sozialen Absicherungen zu schaffen.
Die Fachleute erklärten, dass hilfsbedürftige und erwerbsfähige Personen Bürgergeld (früher als Hartz IV bekannt) beantragen können. Diese Grundsicherung für Arbeitsuchende ist dafür ausgelegt, Menschen in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen. Darüber hinaus erhielten die Schüler Informationen über die verschiedenen Programme zur Arbeitsförderung, die nicht nur einer schnellen beruflichen Wiedereingliederung helfen, sondern auch Weiterbildungen und Qualifizierungsangebote bieten, um die Chancen auf neue Jobs oder Ausbildungen zu verbessern. „Denn das Ziel der Arbeitsmarktpolitik ist es, Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen: Einerseits sollen Arbeitsuchende möglichst schnell wieder in sozialversicherungspflichtige Jobs kommen. Andererseits sollen Unternehmen genügend Arbeitskräfte finden, um ihren Fachkräftebedarf zu decken“, verdeutlicht Zöllner.
Durch den direkten Austausch mit den Verantwortlichen konnten die Schüler viel mehr lernen, als es durch das bloße Lesen von Texten möglich gewesen wäre. Der dialogische Ansatz und die Erklärungen der Experten eröffneten den Schülern neue Perspektiven und ein tieferes Verständnis für das Thema Sozialstaat. Dieser praxisnahe Zuschnitt des Unterrichts hat das Ziel, nicht nur Wissen zu vermitteln, sondern auch das Interesse der Schüler zu wecken und sie für soziale Themen zu sensibilisieren. So wird das Bewusstsein für die soziale Verantwortung innerhalb der Gesellschaft gestärkt und das Verständnis dafür, wie wichtig der Sozialstaat für das individuelle Wohlergehen und die Stabilität der Gemeinschaft ist.
In einer Zeit, in der Falschinformationen und Vorurteile über soziale Absicherungen und Leistungen häufig verbreitet werden, ist es umso wichtiger, dass junge Menschen die Möglichkeit haben, diese Themen zu erlernen und kritisch zu hinterfragen. Der Besuch der Experten hat daher nicht nur das Wissen der Schüler erweitert, sondern sie auch motiviert, sich aktiv mit sozialen Fragen auseinanderzusetzen und verantwortungsbewusste Bürger zu werden.